Mehr und mehr Gewalt erleben Mandatsträger, Verwaltungsmitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch Bürgermeister in der letzten Zeit
ausgehend vor allem von Rechts
Anlaß für den Rat der Hansestadt Lüneburg über dieses Thema zu diskutieren.
Dazu brachten die Linken einen Antrag ein. Gemeinsam erarbeiteten die Fraktionen eine Resolution dazu.
Hier die Rede von Ratsfrau Birte Schellmann:
Selbst wenn wir dem Antrag von Herrn Podstawa im Juni nicht als Dringlichkeitsantrag im formalen Sinn werten konnten, hielten wir das Thema doch für so wichtig, dass wir uns dringend zeitnah damit beschäftigen und eine breite öffentliche Debatte darüber führen wollten.
Denn wenn so etwas geschieht, dass politische Repräsentanten, sei es nun ein Regierungspräsident wie Herr Lübcke, aber auch OB´s, Ehrenamtliche, Bürgermeister,
Kommunalpolitiker oder auch Mitarbeiter kommunaler Behörden, beschimpft, massiv bedroht, tätlich angegriffen oder sogar ermordet werden, spätestens dann- wenn nicht sogar
früher- hätten wir uns fragen müssen, wie konnte so etwas passieren und was hat das mit uns, der Gesellschaft, zu tun? Denn so etwa passiert nicht im luftleeren Raum, das hat immer eine
Vorgeschichte:
Wir alle bekommen es mit und nicht wenige beteiligen sich daran. Die Grenzen des Sagbaren haben sich verschoben, die Reden sind in den letzten 4 Jahren aggressiver
geworden, auch hier im Rat, und selbst manchmal bei Menschen, die man zu kennen glaubte und denen man das nicht zutraute.
Hetze und Hassreden machten sich in Internetplattformen breit, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden/ oder können, wie das Beispiel mit
Frau Künast zeigt. Diese Hetzreden sollen dazu dienen, Gleichgesinnte hinter sich zu sammeln, um die Stimmung derart aufzuheizen, dass sich früher oder später die verbale
Gewalt in physische Gewalt entlädt, und es zu solch terroristischen Ausschreitungen wie dem Mord an Herrn Lübcke kommt. Zumindest muss sich jeder einigermaßen intelligente
Bürger über diesen Zusammenhang im Klaren sein. Auch die widerwärtigen maßlosen Reaktionen darauf im Netz müssen uns in Alarm versetzen. Es ist z. Zeit die rechte Gewalt, die auch
noch glaubt die rechtsterroristischen Attentate durch die Bestätigung im Netz im Namen eines vermeintlichen Volkswillens auszuüben. Aber machen wir uns nichts vor: Diese Mechanismen
funktionieren im Zweifel auch von linksradikaler oder fundamentalistisch islamistischer Seite.
Historisch haben wir so etwas schon einmal erlebt, wenn auch die Bedingungen heute anders als damals in Weimar sind. Auch wenn allzu große Kassandrarufe
nicht angebracht sind, können wir eines mit Sicherheit aus der Geschichte lernen:
Grundlegende Spielregeln der Institutionen, wie Demokratie, Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft -um nur einige zu nennen - sind dringend auf das
Respektieren von uns, dem Volk, angewiesen, Sie brauchen die Unterstützung der Köpfe und der Herzen der Menschen, weil sich diese Herrschaftsform der Demokratie wie keine andere von der
öffentlichen Meinungsbildung und Bürgermentalität abhängig macht. Deswegen ist es im Zeitalter des Internets besonders wichtig, auch als Ratsmitglieder, selber mit gutem Beispiel voranzugehen,
der Wahrheit verpflichtet zu sein und keine Spielchen mit dem Rechtsstaat zu spielen und ihn lächerlich zu machen, wie das vor kurzem auch unter uns geschehen ist. Deswegen ist es so
wichtig, dass wir über unsere gemeinsame Forderungen des gemeinsamen Antrags aus der VA Sitzung v. 18.Juli hinaus, die wir als FDP voll mittragen,( nicht aber den Antrag der Linken,)
selbst die Spielregeln der parlamentarischen Demokratie verstehen, akzeptieren und uns dementsprechend verhalten und uns schützend vor sie stellen.
Wir dürfen nicht untätig bleiben und müssen viel wachsamer werden, und dürfen nicht zusehen, wie die grundlegenden Voraussetzung einer freien Gesellschaft
durch die innere Abkehr von der Demokratie und ihrer Liberalität, durch Menschen, die diese gering schätzen, gefährdet werden. Sehnsucht nach einfachen Antworten, nach Autoritarismus, nach
Formierung der öffentlichen Meinungslandschaft, nach nationaler Homogenität, nach Neoprotektionismus…. zeigt das Gefährdungspotential auch unseres Grundgesetzes auf, obwohl
deren Gründungsväter und- mütter glaubten das GG als Antwort auf Weimar gegen diese Gefahren gewappnet zu haben.
Keine politische Gemeinschaft – und das gilt für ganz Europa - kann sich aber behaupten, wenn die Grundvoraussetzungen - die natürlich den
Erfordernissen der sich wandelnden Wirklichkeit, wenn sie nicht mehr wirksam sind, bestritten oder sinnentleert werden, im Widerstreit der Interessen immer angepaßt werden müssen, - wenn diese
Funktionsvoraussetzungen und ihre Repräsentanten nicht mehr akzeptiert werden, Es geht hier um nichts anderes als um das richtige Verständnis und den Erhalt unseres demokratisch und freiheitlich
verfassten Staates.